Neben dem Kirchentag wird der 31.10.2017 der Höhepunkt des Reformationsjahr. Mit einem Festgottesdienst in Wittenberg wird 500 Jahre Reformation gefeiert (Livestream). Festgelegt wurde dieser Tag, da am 31. Oktober 1517 der Augustinermönch Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben soll. Ob dies wirklich so war, darüber streiten sich die Historiker. Fakt ist aber, dass Martin Luther ein außergewöhnlicher Mensch war, der das bis dahin gültige Weltbild (mit) aus den Angeln hob. Dabei war er kein Einzelkämpfer. Er hatte die Gabe, treue und einflussreiche Menschen um sich zu sammeln und den Zeitgeist aufzunehmen.
Der Zeitgeist zur Reformation
Nach Entdeckung der „neuen Welt“, dem Ende des 100 Jährigen Krieg zwischen Frankreich und England und der zunehmenden Bedeutung der Wissenschaft, war die Zeit reif für einen Aufbruch. Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci, Nikolaus Kopernikus, Adam Ries und Buchdruck Erfinder Johannes Gutenberg, zeigten den Menschen auf, dass es mehr im Leben gab außer Gott und König. Die „kleine Eiszeit“ im 15. Jahrhundert, die Ernten vernichtete und tausenden Menschen das Leben kostete sowie die großen Pest-Epedemien, lagen hinter den Bewohnern im damaligen „Heiligen Römisches Reich deutscher Nationen“. Tod und Elend brachten das bis dahin unantastbare Bild der Kirche ins Wanken. Verstärkt wurde der Unmut durch den niemals satt werdenden Klerus. Immer mehr Geld trieb die katholische Kirche von den einfachen Leuten ein, und ließ sich die Sünden der Menschen durch den Ablasshandel vergolden.
Vom extrem Mönch zum Reformer
In diese Stimmung wuchs Martin Luther hinein. Aus eher bürgerlichen Verhältnissen stammend, entschied er sich 1508 zu einem Theologiestudium. Das Studium und sein klösterliches Wirken legte er sehr streng aus und erklomm in kurzer Zeit die „Karriereleiter“. Wann der „Umschwung“ vom exzessiven und strengen Mönch zur „Gerechtigkeit Gottes allein aus Gnade“ gekommen ist, weiß man nicht genau. Es wird vermutet, dass dies zwischen 1512 und 1515 war. Folgender Bibelvers gilt aber als Initialzündung:
„Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche aus dem Glauben kommt und zum Glauben führt; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus dem Glauben leben.“
Was dann folgte ist Geschichte und Reformation. Ohne seinen starken Befürworter Friedrich III von Sachsen, wäre es mit Luther nach dem Reichstag zu Worms im Jahre 1521 schnell zu Ende gewesen. Er wurde von Karl V als „vogelfrei“ erklärt, was bedeutete, dass ihn jede Person ohne Konsequenzen töten konnte. Friedrich „kidnappte“ ihn auf dem Heimweg und brachte ihn auf der Wartburg in Sicherheit. Als Junker Jörg lebte er dort rund ein Jahr.
Die Zeit nutzte er, um das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen. Dank des Buchdrucks verbreiteten sich die Schriften schnell. Später heiratete er Katharina von Bora, eine „toughe“ Frau, die ihm hier und da mal den Weg aufzeigte. Er bekam mit ihr 6 Kinder. Ein dunkler Fleck auf Luthers Weste war sein Antisemitismus, der bis zum Aufruf der Juden-Vertreibung reichte (was z.B. von Sachsen, Hessen oder Böhmen auch umgesetzt wurde). Martin Luther starb 1546. Er hinterließ eine liberale Auffassung des katholischen Glaubens und eine neue Kirche, viele Lieder sowie Texte und Wörter, die heute noch in unserem Sprachgebrauch sind (Lückenbüßer, Lästermaul, Machtwort,…) .
Europäische Geschichte bis heute
Auf sein Ableben folgten Elend und Verderben. Befeuert durch einen zeitlichen und geistlichen Umbruch. Viele Bauernkriege und Aufstände gegen die Mächtigen. Außerdem die Angst der Kirche weiter an Einfluss zu verlieren, was zum Höhepunkt der Hexenverbrennung führte. Schließlich der 30 Jährige Krieg (1618-1648), der das damalige Deutschland fast verwüstete, ca. 40% der Bevölkerung tötete und die Landkarte Europas neu ordnete (u.a. ist die Schweiz und die „immerwährende bewaffnete Neutralität“ ein Ergebnis des Krieges).
Und heute feiern wir Reformation. In Anbetracht unserer Geschichte steht dieser Reformationstag für eine ganze Epoche, die uns den Weg ins Heute und Jetzt geebnet hat. Denken wir also nicht nur an Martin Luther, sondern auch an unsere Vorfahren in dieser Zeit. Und nutzen wir den Tag, um darüber nachzudenken, wie jeder für sich zum Thema „Glauben“ und „Religion“ steht.
Wer an den Feierlichkeiten zuhause teilnehmen möchte, kann den Livestream des Festgottesdienst zur Reformation am 31.10.2017 ab 15 Uhr im Livestream via whats live? verfolgen.
(VH)
Quellen:
http://gutenberg.spiegel.de/autor/martin-luther-392
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